In dieser Woche feiern Juden weltweit das Wochenfest, das an die Offenbarung der Zehn Gebote erinnert, eine zentrale Grundlage unserer Zivilisation. Christen begehen am Sonntag weltweit das Pfingstfest, das für Gemeinschaft und Verständigung über Sprach- und Kulturgrenzen hinweg steht. Muslime feiern zur gleichen Zeit in diesem Jahr das Opferfest, das mit der Geschichte von Abraham/Ibrahim an die verbindende Glaubensbasis der drei monotheistischen Religionen erinnert. Anstatt aber in dieser Zeit das Verbindende auch über Religionsgrenzen hinweg feiern zu können, erleben wir wachsende Spannungen, Entfremdungen und auch entsetzliches Leid.

Mit tiefer Sorge stellen wir fest, dass die Unsicherheiten und Konflikte in vielen Ländern und auch die Polarisierung in unserem Land zunehmen. Die Lage erscheint vielen immer aussichtloser. Besonders der Konflikt in Israel / Palästina und dabei besonders die schreckliche Situation der Menschen im Gazastreifen belasten viele unserer Schülerinnen und Schüler enorm. Zugleich sehen sich  jüdische Menschen in unserem Land  deutlich verstärkt antisemitischen Bedrohungen ausgesetzt und können ihren Glauben nur unter hohen Sicherheitsanforderungen leben. Auch werden Menschen häufiger aufgrund ihres Aussehens rassistisch angegriffen. Hass und Hetze werden lauter und haben bei Wahlen Erfolg. Zugleich haben viele Angst, nach außen ihre Meinung zu äußern.

Das darf uns nicht kaltlassen. Weder das Leiden von Menschen noch Angst und Spaltungen. Wir rufen zuerst alle unsere Kolleginnen und Kollegen im RUfa und darüber hinaus auf: Lasst uns unseren Schülerinnen und Schülern einen Raum geben, in dem ihre Erfahrungen und Gefühle mit ihrer aktuellen Situation zur Sprache kommen können. Dafür ist unser RUfa in Hamburg gerade der geeignete Ort. Hier kommen – zumindest bis Klasse 6 – alle Schülerinnen und Schüler zusammen, um über die tiefen Fragen des Lebens in Dialog zu treten und überhaupt sprachfähig zu werden. Viele fühlen sich im Moment nicht gesehen und ernst genommen. Einige haben Angst oder verfallen Populisten. Lasst uns die Kinder und Jugendlichen in einem sicheren Schutzraum ermutigen sich zu äußern. Lasst uns sie auch stark machen, sich für ihre Anliegen in unserer Demokratie, für Respekt, Menschenwürde und ein faires Miteinander aller Menschen einzusetzen, wenn dies aus ihrer Sicht verletzt wird.

Zum Nahostkonflikt stellen wir uns an die Seite derer, die sich solidarisch für das Lebensrecht aller Menschen auf allen Seiten des Konfliktes einsetzen. Wir haben keinerlei Verständnis dafür, wenn führende politische Verantwortliche das Lebensrecht der Palästinenser oder das Existenzrecht Israels in Frage stellen. Wir fordern von den Politikern unseres Landes, alles zu tun, dass dieses schreckliche Leiden so schnell wie möglich endet.

Wir selbst wollen in unserem Unterricht alles dafür tun, Kinder und Jugendliche unserer Stadt mit all ihren verschiedenen Religionen und Weltanschauungen gemeinsam in den Dialog zu bringen, der jetzt noch wichtiger ist. Dass wir uns über Länder-, Kultur- und Weltanschauungsgrenzen hinweg zuhören und das solidarische Miteinander suchen, das ist der einzige Weg zum Frieden, den wir alle brauchen.

Für den Vorstand der VHRR Hamburg,

Benjamin Krohn und Zahide Kavounis